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Wer das Textadventure selbst ausprobieren will, kann das unter anderem auf der Seite der BBC machen:

The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy: 30th Anniversary Edition (um Spielstände speichern zu können, muss man sich registrieren).

„A word of warning: The game will kill you frequently.“ – das ist das Erste, was man auf der Seite sieht, und es ist zweifellos wahr. Trotzdem lohnt es sich aus vielen Gründen den Klassiker durchzuspielen, auch wenn es Jahrzehnte dauern sollte.

(— der folgende Text enthält Spoiler für das Babelfisch-Rätsel. —)

The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy (kurz: HG2G; in Deutschland auch bekannt als Per Anhalter durch die Galaxis) ist im Wesentlichen die Geschichte von Arthur Dent, einem Erdling, der in intergalaktische Abenteuer hineingerät. Sie wurde erdacht von Douglas Adams und auf eine ganze Reihe von Arten umgesetzt: bevor 1984 das Computerspiel erschien, gab es HG2G bereits als BBC-Radioserie (ab 1978), als Buchreihe (ab 1979) und als BBC-Miniserie (1981). Jede der Versionen ist eine eigenständige Fassung, die speziell für das jeweilige Medium geschrieben und angepasst wurde. Auch wenn die Bücher wohl die am weitesten verbreitete Version darstellen, hat das Spiel im Bereich der Interaction Fiction (IF), dem man es zuordnen kann, einen ähnlich großen Stellenwert und beeinflusst Spielende und Spielemachende bis heute.

Wer das Spiel jemals ausprobiert hat, erinnert sich wahrscheinlich vor allem an den Schwierigkeits- und Frustrationsgrad. Auf der bei IF allgemein gebräuchlichen „forgiveness“-Skala von merciful („The game will always remain winnable no matter what you do.“) bis cruel („You can get stuck or die, and you can do so by an action that you didn’t even realize was irrevocable after doing it.“) dürfte HG2G unangefochten an der Spitze stehen: so gut wie jeder Schritt, den man macht, ist fatal und bringt einen in einen nicht mehr zu gewinnenden Zustand, was man meist erst nach Hunderten von weiteren Zügen merkt.

Um da wieder rauszukommen, konnte man damals – wie bei anderen Spielen des Entwicklerstudios Infocom auch – ein Buch mit offiziellen „InvisiClues“ dazukaufen. Diese mit Geheimtinte gedruckten Tipps stammen ebenfalls von den Autoren und enthalten fast genauso viel Witz und Unsinn wie das eigentliche Spiel. Heute sind sie auch online nachlesbar, mit Hilfe von Online-Tipps, die man nach und nach aufklappen kann um nicht versehentlich mehr verraten zu bekommen als man wollte.

Unsichtbare Geheimtipps damals (von infocom.elsewhere.org) und heute (von bbc.co.uk)

HG2G enthält nicht nur einige der obskursten und frustrierendsten Rätsel aller Zeiten, sondern auch nicht wenige, die mit ihrer eingängigen Mechanik in die Spielegeschichte eingegangen sind – so etwa das berühmte Babelfisch-Rätsel, das unter anderem in folgenden lesenswerten Beiträgen von Interaction-Fiction-Fachleuten als Beispiel angeführt wird:

Es geht bei dem Rätsel darum, einen der Babelfische aus dem Babelfisch-Spender in sein Ohr zu kriegen. (Spoilerwarnung – wer das Rätsel noch nicht kennt und evtl. noch genießen will, überspringt diesen Absatz). Das geht viele Male schief, und jeder Fehlschlag gibt einem einen weiteren Hinweis darauf, wie die Sache anzugehen ist: im Kern also das, was Rushton ein (inzwischen) klassisches „iteratives“ Rätsel nennt. In einem guten Spiel würden einem die Entwickler*innen etwas Freiraum zum Herumprobieren lassen, sodass also etwa 10 Babelfische zur Verfügung stehen, wenn bei optimalem fehlerlosen Spiel mindestens 5 Versuche schief und Fische verloren gehen. In einem Spiel mit höherem Frustfaktor bzw. Schwierigkeitsgrad würden vielleicht 6-7 oder, bei höchster Dreistigkeit, nur 5 Fische zur Verfügung stehen. In HG2G sind es natürlich: 4. Der Frustfaktor schlägt unwillkürlich um in (nur noch ein bisschen frustriertes) Lachen, das Rätsel ist ein Fall von teuflischer Genialität: eine vernünftige und wegweisende Rätselmechanik wird dafür eingesetzt, die Spieler*innen maximal zu bestrafen.

Natürlich enthält das Spiel auch rote Heringe, also Gegenstände oder Hinweise, die wichtig erscheinen, aber es dann doch nicht sind; und umgekehrt auch jede Menge Zeug, das absolut unwichtig erscheint, aber ohne das man am Ende nicht gewinnen kann. Aber auch hier gilt: was in anderen Spielen nerven würde, wird hier an manchen Stellen so auf die Spitze getrieben, dass es einen irgendwie bewundernd statt verärgert zurücklässt. Die Implementierung so einiger komplexer und sich als absolut nutzlos herausstellender Mechanismen muss die Entwickler schließlich noch wesentlich mehr Zeit und Nerven gekostet haben als einen selbst.

Versüßt wird einem der Leidensweg durch das Spiel dadurch, dass die Texte an Kreativität und absurdem Humor auf jeden Fall mit den Radio-, Buch- und Fernsehfassungen mithalten können. Man könnte meinen, dass das vor allem daran liegt, dass Douglas Adams direkt mitgewirkt hat. Liest man allerdings die ausführliche Entstehungsgeschichte des Spiels beim Digital Antiquarian (Jimmy Maher) nach, entsteht der Eindruck, dass man dafür eher dem Infocom-Autor Steve Meretzky danken kann:

„Meretzky not only did all the programming but also wrote at least as much of the text as Adams. The latter mostly provided just the text for the direct path through the game, leaving Meretzky to deal with all of the side trips and the incorrect and crazy things the player might try as well as any of the boring bridging passages that Adams couldn’t be bothered about. For all the superficial similarities in their humor, the two men’s working habits could hardly have been more different. Meretzky was disciplined, organized, methodical, seemingly immune to writer’s block and artistic angst, a dream employee for any manager of creative types. Adams was… well, Adams was Adams.“

Ziemlich unglaublich, dass man Footage zur Entstehung des Spiels findet; Bilduntertitel vom Digital Antiquarian: (i) „Douglas Adams and Steve Meretzky, February 1984, with the first Mac Adams ever saw“, (ii) „Douglas Adams on the beach at Exmoor National Park in May 1984, where he and Steve Meretzky finished the Hitchhiker’s design“

Wenn ihr euch übrigens fragt, ob es nach dem recht abrupten Ende eine Fortsetzung gibt: Leider nicht, obwohl sie anscheinend mal in Planung war. Unter den vor einiger Zeit online gestellten Quelltexte der frühen Infocom-Spiele ist auch eine Hitchhiker-Fortsetzung namens The Restaurant at the End of the Universe (auf GitHub), die allerdings unvollständig geblieben ist.

Wer HG2G noch nie gespielt hat und jetzt Lust darauf bekommen hat, für den habe ich drei Empfehlungen. Erstens: die fies-frustrierenden und fies-genialen Rätsel halten sich meinem Eindruck nach in etwa die Waage. Die InvisiClues sind keine Komplettlösung, sondern man kann sie als legitimen Teil des Spiels und saftige Ergänzung dazu sehen: macht ruhig Gebrauch davon. Zweitens: in Zeiten des Distanz-Haltens hat sich das gemeinsame Remote-Spielen von Textadventuren als sehr machbar und spaßig erwiesen – jede/r spielt bei sich im eigenen Browser, man tauscht sich per Audiochat über das Vorgehen aus. Drittens: Viel Spaß, und keine Panik!

 

Mit Dank an Kathrin, mit der ich das Spiel vor etwa 15 Jahren (?) angefangen und liegengelassen habe, und mit der ich jetzt wieder die Zeit gefunden habe es nochmal aufzunehmen und zu Ende zu bringen!

Kommentare

  1. Hallo Marta!

    „The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy“ habe ich mal gespielt, weil ich den Roman sehr mag. Den trockenen, fiesen Humor fand ich super, aber der Schwierigkeitsgrad ging mir zu weit. Ich brauchte schon viele Versuche, um Arthur im Schlamm vor seinem Haus liegen zu sehen, damit er den Bulldozer aufhält. Mit den unsichtbaren Geheimtipps könnte ich es aber nochmal versuchen.

    LG
    Michael

  2. Hallo,
    ich bin ein und der Bär. :)
    Ich habe noch nie ein Textadventure gespielt. Kenne aber die Titel der Übergangszeit zum Grafikadventure, wie die ersten Larry und Kings Quest – Spiele. Da gab es ja noch einen Parser. Fand es sehr schön, dass man quasi die gesamte Umwelt beschrieben bekommt und man mit gefühlt fast Allem in Interaktion treten konnte, zumindest gab’s ein Kommentar.
    Heute wird sich beschwert, wenn in einem Point’n’Click Gegenstände anklickbar sind, die für das Fortschreiten der Story nicht relevant sind bzw. keine Rolle spielen für des Rätsels Lösung. Sie geben dem Spiel aber mehr Tiefe, wie ich finde, sodass möglichst viel anklickbar sein sollte zum erforschen der Umwelt und zum kennenlernen des Charakters, den man spielt.
    Mir fällt gerade eine, dass ja Sierra ziemlich lang Elemente, in z.b. Kings Quest, hatte, die aus Textadventure-Zeiten stammten: So gab es weiterhin einen Erzähler, der einem die Umwelt beschrieb und man bekam stets einen langen Textblock zum lesen. Bis zum sechsten Teil. Auch bei Gabriel Knight 1 (was ich nur empfehlen kann, weil es so unheimlich gut geschrieben und spannend ist) gab es eine Erzählerin. Lucasfilm Games haben es ja gleich ganz anders gemacht. Wenn man vllt von Labyrinth absieht.
    Naja… vllt spiele ich bald Mal ein Textadventure. Könnte mir vorstellen, dass das für Buchportierungen auf den PC sogar besser funktioniert als Grafikspiele. Wer weiß. :)

    Es grüßt aus seinem Wald
    Der Bär ?

  3. hahha ihr habt mir den Tag gerettet. ich dachte ich bin der einzige der h2g2 spielt ;-) damals habe ich im zarten alter sogar das original von infocom gewonnen leider konnte ich damals noch nicht soviel damit anfangen aber m.e. waren da so coole gadgets wie die brille dabei leider ist das wohl alles bei der Zerstörung der original erde verloren gegangen… werde vlt das wirklich mal zuende spielen nach ueber 35 Jahren wirds langsam zeit :)

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