Annihilation ist der neueste Science-Fiction-Film vom Autor und Regisseur des KI-Thrillers Ex Machina. In die deutschen Kinos hat er es nicht geschafft, sondern ist direkt auf Netflix erschienen. Nicht ganz unverdient – trotz einiger schöner Horrormomente.

Die Story: Die Ex-Soldatin und Jetzt-Biologin Lena (Natalie Portman) bricht mit vier weiteren Frauen zu einer Expedition auf. Seit ein Ding aus dem All in einen Leuchtturm eingeschlagen ist, breitet sich um ihn herum etwas aus, aus dem noch niemand zurückgekehrt ist – bis auf Lenas Mann, der aber seitdem nicht mehr derselbe ist.

Dabei merken sie schnell, dass bei den bizarren Chimären, die dort wachsen und herumkriechen, genetisch was nicht stimmen kann – pflanzliche und tierische DNS scheint durcheinander geraten sein. Filmisch herrscht dabei hit and miss: einige Wucherungen und Monstrositäten sind richtig schön furchteinflößend, andere stammen direkt aus der Standardmonsterkiste der Riesenreptilien und komisch gurrenden Tiere.

Da der Film auf einem Buch beruht, könnte ich mir vorstellen, dass das mit dem Problem zu tun hat, eigentlich Unvorstellbares visualisieren zu müssen. Die Prämisse und der Look des Films haben mich stark an Lovecrafts Kurzgeschichte Die Farbe aus dem All erinnert, in der nach einem Meteoriteneinschlag das umliegende Land und die sich darin befindlichen Pflanzen, Tiere und Leute in unirdischen Farben und Formen sprießen und schließlich verrotten. Das funktioniert in der geschriebenen Geschichte blendend. Annihilation muss sich dagegen für irgendeine Umsetzung der als von außen nur als „der Schimmer“ beschriebenen Seltsamkeit entscheiden – und das sieht dann zwar sehr schön, aber nicht sehr außerirdisch aus, in etwa so, als würde sich alles in einer Seifenblase abspielen.

Die spannendsten Ideen werden leider sofort nach der Einführung auch sofort wieder fallengelassen und nicht mehr aufgegriffen, etwa der vielversprechende Anfang. Gleich nachdem die Heldinnen das Gebiet betreten haben, springt der Film ganz abrupt eine ungewisse Zeitspanne nach vorn. Es stellt sich heraus, dass die Forscherinnen sich wie die Zuschauer ebenfalls an nichts erinnern können; sie müssen sich aus dem Zustand ihrer Ausrüstung zusammenreimen, wie lange sie schon unterwegs drin und was wohl bisher passiert ist. Ein cooler Einstieg, der aber folgenlos bleibt.

Alles andere an dem Film kommt irgendwie nicht so richtig los von einer Masse an Science-Fiction-Vorbildern, und meistens fällt der Vergleich für Annihilation nicht so schmeichelhaft aus. Am fatalsten fand ich dabei die Parallelen zu Tarkowskis Stalker, in dem ebenfalls ein außerirdisch verseuchtes Areal erkundet wird. Tarkowski findet dabei eine gute und vielleicht die einzige Lösung für das oben genannte Problem: die ganzen unglaublichen Phänomene, die in der literarischen Vorlage beschrieben werden, sind zwar immer als Bedrohung spürbar, etwa durch die Schraubenmuttern, die die Stalker dauernd werfen, um sicherzugehen, dass da vor ihnen nichts ist; aber sie bleiben unsichtbar. Auch das Ende schneidet im Vergleich nicht gut ab – Annihilations Leuchtturm im Zentrums des Schimmers quillt über vor CGI-Ideen und lässt die simple, aber effektive Leere von Stalkers „Raums“ inmitten der außerirdischen Zone schmerzhaft vermissen.

Spaß macht Annihilation schon – aber eher als angenehmer Grusel mit ein paar Schockmomenten, weniger als originelle Science Fiction. Ein schöner Fernsehfilm.

Quelle des Beitragsbilds: „DSC_0138“ von hottcoffee (CC BY-NC-ND 2.0).

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