Jonathan und John (gespielt von Ansel Elgort, bekannt als Baby Driver) nennen sich gegenseitig „Brüder“, sind aber zwei Persönlichkeiten, die sich in abwechselnden Schichten den gleichen Körper teilen. Mal ein anderer Blick auf Persönlichkeitsspaltungs-Stories und ein ganz cooles scifiiges Konzept, aus dem der Film „Jonathan“ aber nicht so richtig viel rausholt.

Um sieben Uhr morgens erwacht Jonathans Bewusstsein, und um sieben Uhr abends erlöscht es. Für John ist es umgekehrt. Kontrollieren lässt sich der Wechsel durch ein implantiertes medizinisches Gerät. John und Jonathan hinterlassen einander Videobotschaften, um sich auf dem Laufenden zu halten und zum Beispiel unangenehme Zufallsbegegnungen mit Bekannten des jeweils anderen zu vermeiden. Die Brüder sind sehr unterschiedlich – der, der tagsüber lebt, ist ein ordnungsliebender und gesundheitsbewusster Architekt. Der, der nachts lebt, ist ein verantwortungsloser Draufgänger. Obwohl sie sich darauf geeinigt haben, sich alles zu erzählen und beste Freunde zu sein, gibt es einiges an Konfliktpotential: eine geheime Freundin, der Wunsch nach einer Vollzeitstelle, Privatdetektive zur Selbstüberwachung.

Die beiden fangen an, sich immer ausgeklügeltere Streiche zu spielen. Es entstehen immer peinlichere Verwicklungen dadurch, dass sie sich immer wieder als der andere ausgeben. Als mündet in einem chaotischen Finale, das ein Highlight des Verwechslungskomödiengenres ist… so jedenfalls hätte ich den Film basierend auf dieser Ausgangssituation gestaltet. Stattdessen haben sich die Macher von „Jonathan“ aber dazu entschieden, ein Drama daraus zu machen, das sich selbst sehr ernst nimmt. Leider hat mich Jonathans von trauriger Musik und traurigen Blicken untermalte Geschichte nicht richtig bewegt. Entweder ist der tragische Ton mit der eher pulpigen Grundidee grundsätzlich nicht gut vereinbar, oder es lag an der schwächelnden Umsetzung:

  • Die ganzen langwierig aufgebauten Konflikte sind am Ende dann doch irgendwie egal.
  • Der Film beschränkt sich strikt auf die Perspektive von nur einem der Brüder, was eine gute Idee ist. Weniger gut ist vielleicht die Entscheidung für den trantütigeren von beiden.
  • Vielleicht hätten die beiden Persönlichkeiten auch etwas weniger abziehbildhaft sein können.
  • Die ausführlichen Einblicke in Jonathans Alltagsroutine geben einem eine ziemlich genaue Vorstellung von seinem Leben. Besonders spannend ist das tägliche Joggen, Arbeiten und Kochen für den Zuschauer aber nicht.
  • Dass die Kommunikation zwischen den beiden nur per Videobotschaften abläuft wird mit der Zeit etwas mühselig. Ich habe mich stellenweise gefragt, ob das Ganze wirklich ein Film sein muss, oder ob es nicht besser als (Kurz-)Geschichte funktionieren würde.
  • Obwohl der Film recht viel Zeit auf den sci-fi-wissenschaftlichen/medizinischen Hintergrund aufwendet, bleibt doch ein kleiner Elefant im Raum stehen: Was genau macht jetzt Johns/Jonathans Zustand weltweit einzigartig und unterscheidet in von anderen Formen von multipler Persönlichkeit? Ist es wirklich etwas fundamental anderes, oder ist die Story im Prinzip eine Variante von Dr. Jekyll und Mr. Hide mit einem kooperativeren Verhältnis und geregelteren Arbeitszeiten?

Insgesamt: mittelgut!

Beitragsbild: farbloser Ausschnitt aus Jonathans farblosem Leben (aus dem Trailer)

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