Hier also ein Reboot einer klassischen Achtzigeractionkomödie. Was kann schon schief gehen!

Als Kind war ich mehr an coolen Geistern und der Mechanik des Geisterfangens interessiert als an Bill Murray. Hier würde ich nicht enttäuscht: Ghostbusters 2016 ist sogar noch mechanischer geworden. Es gibt Teilchenbeschleunigerchen, analoge Paranormalcomputer und diverse Waffen, die ich aus Lego nachbauen könnte. (Wobei die letzteren vermutlich mehr auf eine Videospielverwurstung hin designt sind.)
Trotz Science-Background sind die Geister weiter total Fiction, nur leider nicht so eindrücklich wie in der Vorlage: der Final Boss, ein irgendwie geisterbesessener Nerd stinkt gegen Pink Slime und Zuul ab. Gegen Peter MacNicol-Vigo ist er nur ein Fussel, kleiner Fussel.

Eieiei. Und schon bin ich in einem Netz aus Vergleichen gefangen. Ich wünsche es gäbe einen Weg den Ghostbusters-Lappen meines Gehirns kurzzeitig auszuschalten um diesen Film wie ein Teenager in statu nascendi zu schauen. Bis die Magnet-und-oder-Heimlobotomie-Technologie fortgeschritten genug ist (Hallo Black Mirror?), bleibt mir wohl nichts anders übrig als zu sagen: auch dieser Cast macht seine Sache ganz gut, und ist tatsächlich der Aspekt bei dem die Vergleiche am unproduktivsten sind.
Ich mag Melissa McCarthy auf zurückgenommenem Gilmore-Niveau mehr als auf ihrem, äh, patentierten Powerhumor-Overdrive. Sie bildet mit Wiig, die wieder überzeugend sich selbst spielt, einen sympatischen Kern. Für den Overdrive ist hier die Leslie Jones zuständig, als „possibly the friendliest and most helpful MTA employee ever“. Nur mit der vielgelobten Cosplay-Readymade Holtzmann werde ich nicht warm; Geschmack, Alter, haha.

Der Humor ist… OK. Ich habe ausreichend oft gelacht – aber fast nur bei den Slapstick-Einlagen von Wiig und den Clumsy-Dadaismen von Hemsworth. Die Sight Gags leiden ein bisschen unter der „rhythmischen Vorhersehbarkeit“, die für mich auch Pixar und Dreamworks größtenteils ungenießbar macht. Man kann in einer Szene fühlen, wie weit wir uns im Gag und seinen Phasen befinden: aha, dreiviertel des Setups fertig, das heißt die Punchline kommt in 650 Millisekunden — Haha. Die Dialoge leiden leider unter „Universal Banter“, der so viele zeitgenössische casual Komödien (vgl. The Last Jedi) plagt: Wenn alle Charaktere hin und wieder witzig sein müssen und das Autor_innen-Team vergisst, ihnen auch noch individuelle, dem Charakter entsprechende Jokes zu schreiben, dann sprechen alle mit der gleichen monoton-witzigen Stimme. Haha; haha; haha.
Hier liegt auch der größte Nachteil dieses Reboots begraben. In den Achtzigern war das Banter eben noch nicht so gleichgebügelt und gleichmäßig upgepunch. Oder Hudsons, Aykroyds und vor allem Murrays und Ramis Delivery war besser. Sie konnten auch die Quasi-Nicht-Wirklich-Gags überzeugend zu verkaufen: That’s a big twinkie.

A propos Referenz: Cameos sind dem Kult-Reboot-Kult gemäß zahlreich. Aykroyds dauert trotz etwa fünf Worten gefühlte fünf Minuten; Bill Murray kann keine menschliche Person mehr spielen. Dann ist da irgendwie Ozzy Osbourne reingeschnitten – zeitgeistig 15 (!) Jahre zu spät, aber der Montage nach auch eventuell vor 15 Jahren aufgenommen. Sharoooon!
Das beste Cameo hat Boston in der Rolle von New York.

Die Effekte sind OK, die Story simpel. Die neuen Waffen sehen ganz nett aus, müssen aber natürlich alle einzeln vorgeführt werden, was dazu führt, dass es ausgedehnte Superheldenfilm-Badass-Kampfszenen in Zeitlupe gibt. Der Rest des Films hüpft angenehm schnell von Plotpoint zu Setpiece. Eine Review kritisierte, dass der Film zu schnell beim Ghostbusten ankommt; ich fand es überraschend und angenehm, dass auf das ein ausgedehntes Origin-Story/Teambuilding verzichtet wurde.

Alles in Allem: Unterhaltsame oldschool Mehr-Action-als-Komödie for Kids mit sympatischem Cast. 15 Minuten kürzer wäre super gewesen und weniger Vollschleimungen, bitte. Danke für den Verzicht auf Schielorgasmus-Blowjobs.

Und: Ich bereue es, diesen Film nicht in 3D gesehen zu haben. Die 3D-Version nutzt den seltenen Effekt, Dinge über „künstliche“ schwarze Balken des Bildes noch mehr hinausragen zu lassen. Dieser Trick des klassischen 3D-Kinos passt gut zur Retro-Grusel-Materie, was beweist, dass Paul Feig hier wusste, was er tut.

PS: MRAs und militante Anti-SJWs: Fuck You

Quelle Bild: Ghostbusters fürs NES via Youtube

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