In diesem Zeitreise-Spiel versucht man gemeinsam, einen Riss in der Zeitlinie zu flicken. Dazu erkundet man Orte, besteht Würfelproben und löst Rätsel. Ist man dabei zu langsam, wird getötet oder fällt in ein Loch: kein Problem, man kann ja nochmal an den Anfangszeitpunkt reisen. Dann heißt es wieder erkunden, würfeln, rätseln – nur eine Spur uninteressanter. Und so weiter!

Das Spiel vereint Elemente aus verschiedenen Genres: wie in einem Rollenspiel übernimmt jede/r einen Charakter mit verschiedenen Eigenschaften, Fähigkeiten und Lebenspunkten. Es gibt eine Rahmengeschichte, die abwechselnd vorgelesen wird. Der relativ komplexe Aufbau der Rätsel und Hindernisse erinnert aber auch an Point-and-Click- oder Textadventures: typischerweise begegnet einem eine (buchstäbliche oder metaphorische) verschlossene Tür, und um sie zu öffnen, muss man geschickt Gespräche führen und Gegenstände sammeln und kombinieren. Dabei werden relevante Änderungen, etwa dass einem jetzt jemand wohlgesonnen ist, durch Zustandsmarker festgehalten – eine sehr schöne Übertragung abstrakter Spielvariablen in sicht- und anfassbare Kärtchen, wodurch auch ein neuer Blickwinkel auf typische Rätselmechaniken entsteht. Auch das Erkunden von Orten ist großartig gestaltet und macht Spaß: man deckt schrittweise Karten auf, die zusammen ein zusammenhängendes Panorama ergeben und auf der Rückseite von einer Begegnung, einem Ereignis oder einem Gegenstand erzählen, die man an dieser Stelle vorfindet.

Die Besonderheit des Zeitreisekonzepts: die Szenarien sind so angelegt, dass man beim ersten Durchspielen kaum eine Chance hat, zum Ziel zu gelangen, weil es zu viele Unbekannte gibt. Soll man sich mit dem Direktor gutstellen oder ihn konfrontieren? Geht man an der Abzweigung links oder rechts? Wenn die Zeit abgelaufen ist, fängt man nochmal von vorne an, darf aber einzelne Gegenstände und vor allem auch sein Wissen behalten. Es geht dann also vor allem darum, nach und nach den effizientesten Weg durch das Level zu identifizieren, sodass man innerhalb des Zeitlimits gewinnen kann.

Ein vielversprechendes Spielprinzip – bei den beiden Szenarien, die ich bisher gespielt habe (eins ist im Spiel enthalten, weitere muss man dazukaufen), ließ die Ausgestaltung allerdings etwas zu wünschen übrig. Zu sehr basieren die zu überwindenden Hindernisse auf Zufall (welche Tür öffnen wir?) und auf den allerklassischsten Adventure-Tropes wie dem roten Hering, also einem Gegenstand, der wichtig aussieht, aber im Endeffekt doch zu nichts zu gebrauchen ist. Das Problem: selbst das nicht so schwer zu erahnen ist („Du findest eine Saugglocke“: roter Hering oder Schlüssel zum Gewinn?), läuft es doch auf das Ausprobieren aller Optionen hinaus.

Die Zeitreisethematik selbst wird zu wenig ausgeschöpft: man fühlt sich unweigerlich an andere Zeitreise-Spiele wie „Day of the Tentacle“ erinnert, bei denen mehrere spielbare Charaktere über drei verschiedene Jahrhunderte hinweg verteilt sind und Handlungen in der Vergangenheit Auswirkungen auf Gegenwart und Zukunft haben – von kleinen Gegenstandsverwandlungen (Vergrabe Wein in Vergangenheit > Nimm Essig in Gegenwart) bis hin zu Änderungen historischen Ausmaßes. Etwas in die Richtung war leider – zumindest in diesen Szenerien – in T.I.M.E. Stories nicht zu finden. Die Zeitreise dient vor allen Dingen dazu, nochmal neu anzufangen. Dafür bräuchte es eigentlich gar nicht die ganze Zeitagenten-Rahmengeschichte: in jedem Spiel, in dem man verlieren kann, ist das auch Teil des Spielprinzips. Stürze ich in Supermario ab, weiß ich nächstes Mal, wo ich springen muss.

Trotzdem könnte das Ziel, den Level-Durchlauf zeitlich zu optimieren, interessant und motivierend sein. Etwas störend ist dabei allerdings, dass zeitaufwendige zufallsbasierte Elemente wie die Würfelproben bei jedem neuen Durchlauf immer noch absolviert werden müssen und einem dabei die in früheren Versuchen gesammelte Erfahrung nicht hilft. Das könnte durch eine Anpassung der Regeln oder besseres Leveldesign verhindert werden; ansonsten ist man geneigt, solche Elemente irgendwann zu überspringen, was dann aber die Gewinnbedingungen verzerrt.

Fazit: Schönes Konzept, das Rollenspiel- und Adventure-Mechanismen auf sehr gelungene Weise kombiniert und in die Brettspielwelt überträgt. Aber um das Zeitreisepotential besser zu nutzen, wären noch besser geschriebene, origineller ausgedachte und spezifischer auf das Speedrun-Konzept zugeschnittene Szenarien nötig.

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