Einen interessanten Rückblick auf Spike Jonzes Her liefert kaptainkristian auf YouTube. Das Video-Essay erweitert die Analyse des auffälligen, cleveren Produkt- und Production-Designs des Films um coole Infos von hinter den Kulissen, wie dass die Stadt, in der Her spielt, ein CGI-Amalgam aus Los Angeles und Shanghai ist. Die Sets waren aber nicht ganz mit Greenscreen zugekleistert und erlaubten so, dass „helicopter mirrors“ Tageslicht in die Räume reflektieren konnten, die die warmen Töne zu einer „Jamba Juice inspired aesthetic“ ermöglichten.

Jamba-Juice-Palette

Weiterhin erinnert mich das Video daran, dass neben dem überzeugenden World-Building und Design (die für mich schon fast für einen Film gereicht hätten) eben auch eine klassische Science Fiction drinsteckt, die sogar eine schöne fifty-fifty Balance aus Hard- und Soft-Sci-Fi bietet: Einerseits die Akzeptanz (und filmische Ausformulierung) von digitalen Assistent_innen, also künstliche Intelligenzen, die zu echten Liebesbeziehungen fähig sein werden; andererseits die Erforschung dieses Zustandes auf vielfältigen persönlichen, menschlichen wie künstlichen, Ebenen. Trotz audiovisuelltaktilem Gesamtprodukt ist es eben „just a charming alternate reality where people cleaned up their lives and finally got their shit together“ – und eine Romanze: Boy meets girl, boy loses girl und so weiter.

Damit erinnerte mich der Film auch an Eternal Sunshine of the Spotless Mind (von Jonzes Directors-Label-Buddy Michel Gondry). Hier twistet auch ein zukünftige Erfindung – ein Gedächtnis-Löschgerät – die klassische Geschichte von Liebe und deren Verlust. Nur das Setting ist nicht ganz so weit in der Zukunft; außer dem (lo-fi) Lösch-Helm steht alles auf 2004 (es sei denn, die Entwicklung der Gedächtnislöschung hat allen Fortschritt aufgehalten). Aber auch hier ein ausgeprägtes, konsistentes Design, dass aber eben eher in der Darstellung von persönlichen Alltäglichkeiten brilliert (und dann natürlich in den traumartigen live/action Lösch-Sequenzen).

Auf dieses Video zu Her bin ich via A.V. Club gestoßen, wo nur kurz später ein Listicle zu den 35 besten Science-Fiction-Filmen seit Blade Runner veröffentlicht wurde, und wo Eternal 11 Plätze vor Her auf dem ersten Platz landet. Als Fan von solcher „Casual-Sci-Fi“-Filmen freut mich die prominente Platzierung dieser Ausreißer vor Matrix und den Terminatoren.

Eternal Sunshine Of The Spotless Mind fulfills the full potential of the genre as a window into human experience, all while functioning as maybe the quintessentially funny-poignant love story of 21st-century cinema. Just the premise alone might have triggered all the synapses in Philip K. Dick’s noggin. […] [I]n its own in-camera, lo-fi way, Eternal Sunshine is as much a special effects showcase as any blockbuster on this list. What makes it our undisputed top choice is the way the film uses a high-concept hook for the ages to make a profound point about human nature

Neben der hier lesenswerten Einleitung zu Was-ist-Sci-Fi-und-was-nicht bietet eine Liste dieser Art natürlich nie einen hunderprozentig zuverlässigen Kanon, sondern viralologischen Diskussionsanstoß und – wichtiger – Inspiration.So war ich erwartungsgemäß freudig überrascht über einige Positionen (Dune, Looper, Edge of Tomorrow), stimmte nickend anderen zu (12 Monkeys, Brazil), schüttelte verständnislos den Kopf (Upstream Color), habe mit den Kommentierenden einige vermisst (Gattaca), mich über die vollständige Abwesenheit von „realistischen Raumfahrtdramen“ gewundert (Contact, Interstellar, The Martian) und – vor allem – die To-Do-Liste erweitert oder umsortiert (Moon! Battle Royal! Primer! Under the Skin?!)

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