Milde Spoiler folgen.
Foto: William Eggleston „Greenwood, Mississippi, 1973“ Pace/MacGill Gallery

Der/die/das letzte(n) Jedi(s)! Als Vorbereitung habe ich mir nochmal Force Awakens und den parallelen Sandwich-Film der Urtrilogie, „Empire“, angeschaut. Auf dem Laptop, im Bett, mit Grippe und Schüttelfrost. Ich hatte trotzdem viel Spaß, Empire ist bei Netflix anscheind nicht (oder kaum) „Special“; „Awakens“ sieht auch in 2D auf kleinem Screen gut aus.
Ich war überrascht wie sehr sich „Last“ von beiden unterscheidet: Zwar ist auch hier Einführung und Happy-End-Getöse eingespart, aber das Feeling ist doch etwas… prequelig. „LJ“ geht gefühlte fünf Stunden (tatsächlich halb so lang, aber damit trotzdem der längste Star War), ist bunt und vollgepackt mit Heldentum, Teen Angst und Niedlichkeit. Ein Casino voller crazy Characters – leider CGI-steril – ebenso Snoke, der am Serkis-Overexposure-Syndrome leidet und nur im Sitzen überzeugt. Ein Pferderennen! Ein Junge der inklusive Kostüm und Besen einer Dickens-Geschichte entsprungen ist! Gleich drei niedliche, merchandisierbare Spezies: zwei mehr Anime als Star Wars, die anderen noch minioniger als die Ewoks! Und auch noch AT-ATs! Größer! Böser! Mit Stoßzähnen!!

Die Story hüpft dabei zwischen Dogfight, Belagerung, Ein- und Ausbruch hin und her und bedient sich manchmal Action-Adventure-Plotpoints auf Ducktales-Niveau („Diese Höhle muss einfach einen Ausweg haben… Wartet! Ich spüre einen Luftzug!“). Erstaunlich oft ist der einzige Ausweg ein heldenhafter Opfertod – kein Wunder das die Rebellion am Ende auf ungefähr 20 Leute schrumpft. Die Jokes nerven ein bisschen (Eine Sekunde später und der Stein hätte nicht den Karren abgeräumt – Haha – sondern einen Nonnen-Alien umgebracht. Schon mal drüber nachgedacht, Rey?) und alle Dialoge sind von schlagfertigem Banter durchsetzt, weil heutzutage Familienfilme auch Komödien sein müssen. Das wäre nicht so schlimm – schließlich war Han Solo ja auch ein echter Schelm – wenn es nicht so oft und penetrant wäre, und nicht alle Charaktere mit der einen Stimme des Autor_innen/Punch-Up-Teams scherzen würden.
Und dann kommt dieses Salt-Lake-Hoth und es wird ROT und es ist bescheuert aber wunderschön. Kylo Ren wird endgültig zu Adam Driver-Sackler und hat mit Rey einen Moment auf den Lena Dunham neidisch wäre. Und die fantastische Laura Dern in violetten Haaren durchschneidet mit einem Raumschiff, das zum Über-Licht-Schwert wird, den großen bösen Kreuzer, der dann in den Raum ausblutet. Und ich merke, dass ich die ganze Zeit bisher eigentlich sehr gut unterhalten wurde, dank Purzelbäume schlagenden Skript und den vielen interessanten Charakteren, mit einer, glaube ich, bisher noch nie dagewesenen Frauenquote und Diversität (Update: POC-/Frauenquote alleine bringt’s natürlich nicht). Es ist ein seltsamer Moment, wenn man auf etwas aufmerksam wird, was eigentlich normal sein sollte. Es ist schön, dass Macho-Scoundrels wie Poe in der Unterzahl sind und mit ihren Maverick-Einzelgängen eher nerven als beeindrucken.

Die visuelle Schönheit des Films ist sehr gut in 3D übersetzt, das räumliche Sound-Design ergänzt die Bilder hervorragend. Insgesamt erreicht das stereoskopische Bild wie auch schon in Force Awakens in seiner behutsamen und cleveren Postconversion meistens ein solides State-of-the-Art-Niveau. Es gibt ein paar unscharfe Momente, aber selbst die Geisterbilder, die oft weiß-auf-schwarze Szenen plagen, tauchen hier nur in wenigen Höhlen-Szenen auf, nie jedoch bei den wirklich fantastischen Weltraumszenen. Diese leiden auch nie am Miniatureffekt; nicht nur sind die Dimensionen der Schiffe klar und überwältigend und kontrastiert (TIE-Fighter ≪ Sternenzerstörer ≪ …dieser neue große Kreuzer), sie sind auch außergewöhnlich übersichtlich choreografiert und geschnitten. Das gilt auch für die Nahkämpfe, die mit langen Einstellungen, Weitwinkeln und kreativer Akrobatik eher an Jackie-Chan-Meisterwerke als an aktuellen Superhero-Pulp erinnern. Oft kommen noch spannende Requisiten hinzu: ein schwebendes, zitterndes Lichtschwert, Trümmer, Partikel, Feuer. Die schönste Szene (ich freue mich schon auf den Vergleich in 2D) findet quasi in der Black Lodge statt. Rote diffuse Wände bieten den Augen keinen Halt, dafür treten alle Brazil-Kristallkugeln und Ninja-Roboter umso mehr in den Raum. Später bersten und brennen die roten Wände und bilden einen angemessen chaotischen Backdrop für die Story – stereoskopisch bleibt alles in einer angenehmen Balance zwischen wahrnehmbar und überfordernd.
Einen ruhigen Gegenpol zeigt die Sequenz im, äh, Anus dieser irischen Insel. Rey tritt in einen unendlichen Tunnel zwischen zwei Spiegeln. Bemerkenswert ist das simple aber effektive Zusammenspiel zwischen Bild und Ton: Jede Spiegelung ist leicht verzögert, was Rey mit einem Schnipsen testet. Das einfache Setup wirkt gleichzeitig gruslig (viele Hinterköpfe) und durch die Einfachheit des visuellen Tricks natürlich. Die klaren, „virtuellen“ Spiegelungen setzen sich dann deutlich ab von den „echteren“, die durch beschlagene und verkratze Spiegeloberflächen gestört werden – wie immer dankbares 3D-Material. Ebenso die vielen holografischen, halbtransparenten Displays. Am coolsten ist die Video-Chat-Szene mit Maz. Sie ist gerade in einen Kampf verwickelt, muss sich ducken, sprinten, bewegen und schießen. Durch die Star-Wars-typischen monochromatischen und analog-grobkörnigen Holobilder wirkt das ganze dann wie ein altes Computerspiel. Die „Webcam“ auf Maz‘ Seite ist durch wie durch einen „body-mount rig“ auf sie fixiert, sodass sich eher die Umgebung um sie herum bewegt. Weiter scheint es sich hierbei um ein echtes volumetrisches Display zu handeln, sodass nicht alle Betrachter_innen, wie bei manchen Hologrammtechnologien, das gleiche Bild sehen. Die (Film-)Kamera kann also Maz über die Schulter blicken und sie kann sich wiederum dramatisch zur Kamera umdrehen. Dann ist das Bild auch noch kugelförmig begrenzt, was charmant zum Retrofuturismus passt.

Fazit: Bunt, BUNT, manchmal ein bisschen doof, spaßig.
3D-Fazit: Ein paar coole Szenen, vermutlich nicht essenziell.

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